Börsenhandel ist heutzutage ein virtuelles Geschäft. Mittels Computersystemen und leistungsfähiger Glasfaserkabel wird in Sekundenbruchteilen über Kauf und Verkauf von Papieren entschieden. Das Börsenparkett ist eigentlich nur noch Kulisse, zumindest in Frankfurt. Dort wurde der Parketthandel 2011 eingestellt. Seither läuft alles über das Handelssystem Xetra, ein eigens entwickeltes Computerprogramm, das mittlerweile auch in Wien, Dublin und Shanghai in Betrieb ist. Nur in New York handelt man noch „klassisch“. Die digitale Infrastruktur hat den Charakter des Arbeitens an der Börse stark verändert.
Schnell, schneller, Frankfurt
Die Anforderungen steigen, der Wettbewerb führt zu immer kürzeren Innovationszyklen. „Der allgemeine Kostendruck in der Finanzindustrie wirkt sich auch auf die IT-Budgets der Börsenkunden aus“, heißt es von Seiten der Deutschen Börse. Eine elektronische Order braucht vom Eingang am Börsen-Gateway über die Ausführung bis zur Rückmeldung am Gateway derzeit weniger als eine Millisekunde. Zum Vergleich: 2006 lag der Wert noch 40-mal höher. Zwischen den Börsen herrscht ein Wettbewerb um Sekunden und Performance: „Wer am schnellsten ist, gewinnt“, sagt Peter Knapp, Geschäftsführer bei Interxion. Seine Firma liefert die technische Umgebung für die Frankfurter Börse.
Mit Computerprogrammen den eigenen Gewinn generieren
Anlegerschützer und Anwalt Klaus Nieding fordert daher im Magazin „Börse Online“ eine gesetzliche Haltefrist beim Hochfrequenzhandel. Er plädiert dafür, eine Frist von mindestens 0,5 Sekunden pro Order festzulegen. „Das würde verhindern, dass Kurse mittels Aufträgen bewegt werden, an deren Ausführung die Auftraggeber nie ein Interesse hatten“, so Nieding, der auch Präsident des Deutschen-Anlegerschutzbundes ist.
Gefahr der Manipulation
Zudem seien die Programme, die selbstständig über Kauf und Verkauf von Papieren entscheiden, stark manipulationsgefährdet. So ist es bei einer entsprechenden Programmierung etwa möglich, durch das massenhafte Absetzen von Orders, die innerhalb von Millisekunden wieder storniert werden, zwischen verschiedenen Handelsplätzen minimale Kursunterschiede zu produzieren. „Man schafft sich seinen Gewinn selbst – ein Traum eines jeden Arbitrageurs“, sagt Klaus Nieding. Wer bei diesem System immer zu spät kommt, ist der Privatanleger.